Von unsichtbaren Mächten

Die Bedeutung des Eigentümersystems für Organisationskultur und die Gestaltung von OE Prozessen

Ein inhabergeführtes Unternehmen funktioniert nach anderen Prinzipien als ein börsennotiertes mit einer teils unspezifierbaren und nicht fassbaren Menge an (Mit-)Eigentümern. Ein gemeinnütziger Verein funktioniert nach anderen Mechanismen als eine staatliche Organisation oder eine Genossenschaft. Dabei wird die Organisationskultur, neben anderen Faktoren, maßgeblich auch durch die Eigentümerstruktur geprägt.

Das Eigentümersystem wirkt auf die impliziten Annahmen und die Glaubenssätze der Organisation und prägt sie maßgeblich. Relevant beim Blick auf die Eigentümerstrukturen sind die Anzahl und Art der Gesellschafter*innen oder Mitglieder in Vereinen und deren Einflussnahme auf Entscheidungen, Strategie und operatives Geschäft der Organisation. Je bedeutsamer Entwicklungen in der Organisation sind, des-to mehr wird die Eigentümerstruktur einen Einfluss auf die Entwicklungen nehmen und entsprechend ihre Macht nutzen, um Entscheidungen herbeizuführen oder zu beeinflussen, beispielsweise wenn die Wertentwicklungserwartung (Profit, Wirkung u. a. m.) hinter der eigenen Vorstellung zurückbleibt oder wenn das eigene Risiko und die eigene Haftung berührt werden. Da Macht häufig nicht nur in den offiziell sichtbaren Strukturen und Gremien sondern auch implizit wirkt, ist sie gleichermaßen für viele nicht erkennbar und entsprechend häufig nicht thematisiert. Dies gilt genauso für die ausgeübte Macht von Eigentümerstrukturen, umso mehr, wenn die Eigentümerstruktur im Alltag des Unternehmens nicht oder nur unregelmäßig präsent ist. Unabhängig ob in einer externen oder internen Rolle, können sich Akteure schwertun oder sogar scheitern – als Führungskräfte, Beratende und Mitarbeitende – wenn sie diesen Bedingungen und Machtfaktoren, die aus der Eigentümerstruktur erwachsen, zu wenig Aufmerksamkeit zollen. Je umfassender und bedeutsamer Organisationsentwicklung für die Organisation ist, desto bedeutsamer werden diese Wirkmechanismen.

Die folgenden Beispiele reflektieren einige Eigentümersysteme und fußen auf unserer eigenen Erfahrung – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Familiengeführte Unternehmen
In einem mittelgroßen familiengeführten Unternehmen mit 2.000 Mitarbeitenden an zwei Standorten nimmt eine Führungskraft, die bisher in einem Konzern gearbeitet hat, ihre Arbeit auf. Die Aufgabe bestand darin, ein großes Labor des zweiten Produktionsstandorts in den nächsten Monaten von Grund auf zu optimieren, dabei die Prozesse zu verschlanken und Kosten zu senken, um wettbewerbsfähiger zu werden. Die Führungskraft scheiterte nach wenigen Monaten. Erst die zweite Führungskraft, die auch von außen gekommen war, schaffte es sukzessive das Labor zu modernisieren. In diesem Beispiel war einer der wichtigen Ansatzpunkte für OE-Entwicklung, dass die zweite Führungskraft sich mit organisationskulturellen Wirkmechanismen auseinandersetzte und sich darüber klar wurde, dass und wie sie die Familienebene, die ihr bisher unbekannt war und die rechtlich betrachtet nicht Teil der Geschäftsführungsebene war, in die Entscheidungsprozesse mit einbeziehen musste.

In Familienunternehmen sind aus unserer Erfahrung häufig die hinter dem Unternehmen liegenden Familiensysteme prägender als die Branche und entsprechend im Rahmen von Organisationsentwicklung besonders in den Blick zu nehmen.

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Aus Ausgabe Nr. 3/21: Wandelmut – Couragiertes Handeln im Change

Wir alle kennen Momente, in denen wir an der Schwelle stehen. Augenblicke, in denen wir uns mit Bedenken und unseren Ängsten konfrontiert fühlen, gleichzeitig aber auch den Drang haben, uns diesen zu widersetzen und über uns hinaus zu wachsen. Kurz gesagt: Mutig zu sein.

Doch was heißt das überhaupt? Mut wird meist etwas Positives und Aktivierendes zugewiesen. Etwas Heldenhaftes. Ist das wirklich so? Im Schwerpunkt dieser Ausgabe beschäftigten wir uns mit dem vielschichtigen Thema Mut aus ganz verschiedenen Perspektiven.