Nr. 2 vom 05.04.2024

Schwerpunkt: Wir.

Im Zuge der Digitalisierung haben viele Unternehmen die Chance erkannt, Kundenbedürfnisse im gemeinsamen Verbund mit anderen Organisationen umfassender bedienen zu können. Vielerorts sind organisationale Ökosysteme entstanden, die auch schwierige Märkte gemeinsam meistern.
Mit dieser Ausgabe nehmen wir diese Entwicklung genauer unter die Lupe: Was sind Ökosysteme? Wie funktionieren sie und was bedeutet es für eine einzelne Organisation, sich in einen solchen Zusammenschluss einzufügen? Denn Organisationen sind vom Moment ihrer Entstehung an Einzelgänger. Sie haben ihre liebe Mühe, die internen Reproduktionsmechanismen aufrecht zu erhalten und ihre Grenzen zu sichern. Wenn es dann noch um die Gestaltung von organisationalen Netzwerkstrukturen geht, wird es wirklich anspruchsvoll.

Eine Auswahl der Themen:

  • Höherer Sinn: Wie organisationale Ökosysteme Mehrwert orchestrieren
  • Nach der Hysterie: Erfahrungen aus fünf Jahren Ökosystem-Hype
  • Weitwinkel: Neue Perspektiven für die Strategiearbeit
  • Können Sie Ökosystem? Die Reifegradanalyse für eine neue Netzwerkwelt
  • Zeitmesser mit Herzblut: Purpose-Making bei A. Lange & Söhne

Landschaftsgärtnerei

Es ist erstaunlich: Über ein Drittel der Deutschen hat persönli­ che Erfahrungen mit Nachbarschaftsstreit. Über den Gartenzaun wird sich über Lärm, Müll und Hundegebell gezofft. Oft geht das über Monate, manchmal über Jahre. Es scheint, als seien Men­schen territorialer als man glauben mag. Das gilt bislang auch für Organisationen: Die traditionelle Vorstellung von Markt und Wett­ bewerb gleicht einer Kleingartenkolonie. Jede Organisation hat ih­re eigene Parzelle, man positioniert sich, schaut neidisch über den Gartenzaun und versucht zu expandieren. Doch dieses Bild ist ins Wanken gekommen.

Im Zuge der Digitalisierung haben viele Unternehmen die Chan­ce erkannt, Kundenbedürfnisse im gemeinsamen Verbund mit an­ deren Organisationen umfassender bedienen zu können. Vielerorts sind organisationale Ökosysteme entstanden, die auch schwierige Märkte gemeinsam meistern. Ist man als Kunde einmal im Ökosys­ tem gelandet, fällt das Wechseln zu Anbietern außerhalb des Öko­systems schwer. Die Apple­-Welt ist ein gutes Beispiel dafür.

Mit dieser Ausgabe nehmen wir diese Entwicklung genauer un­ter die Lupe: Was sind Ökosysteme? Wie funktionieren sie und was bedeutet es für eine einzelne Organisation, sich in einen solchen Zusammenschluss einzufügen? Denn Organisationen sind vom Mo­ment ihrer Entstehung an Einzelgänger. Sie haben ihre liebe Mühe, die internen Reproduktionsmechanismen aufrecht zu erhalten und ihre Grenzen zu sichern. Bereits die Entwicklung einer einzelnen Organisation ist voller Voraussetzungen. Wenn es dann noch um die Gestaltung von organisationalen Netzwerkstrukturen geht, wird es anspruchsvoll. Einzelne Visionen sollen sich in einen höher aggre­gierten Zweck des Ganzen einfügen. Und Kooperationskompetenz ist eine ganz spezifische, oft wenig geübte Fähigkeit.

Mit diesem Wandel verändert sich auch die Rolle der Organisa­tionsentwicklung. Möglicherweise passen unsere Tools nicht mehr, wie Strategie­-Experte Ron Adner es in unserem Gespräch formu­liert. Die Entwicklung organisationaler Ökosysteme hat viele be­wegliche Ziele, Herausforderungen und Fallen. Zudem beleuchten die Beiträge in dieser Ausgabe, wie organisationale Ökosysteme entstehen, was grundlegend anders ist, was sie können, welche Vor­aussetzungen eine Organisation mitbringen muss und welche Bei­spiele es gibt.

Den Blick zu weiten und auf das zu schauen, was außerhalb des eigenen Gärtchens passiert, erfordert ein grundlegend neues Wahr­nehmungsvermögen, sagt Ron Adner. Auch für die Organisations­entwicklung wird sich in den kommenden Jahren zeigen, ob das Um­denken von der Klein-­ zur Landschaftsgärtnerei gelingt.