Die Magie des Konfliktes

Ein Gespräch mit Reinhard K. Sprenger über deutsche Harmoniesucht, Konflikt als Integrationsvehikel und die Notwendigkeit eines neuen Konfliktbegriffs

Die Magie des Konflikts besteht im oszillierenden Flimmern. Der Konflikt stößt ab und zieht an, verbindet und trennt, vitalisiert und paralysiert. Jeder weiß, dass ohne Konflikt keine Entwicklung möglich ist. Dennoch versucht ihn jeder zu vermeiden. Und wenn das nicht geht, ihn zu lösen.

«Paradoxerweise kommt man ja am weitesten, wenn man bei sich selbst bleibt.»

 

ZOE: Worauf sollten Führungskräfte besonders achten, wenn sie Konflikte konstruktiv nutzen möchten?

Sprenger: Im Konflikt erfährt man eine Weltergänzung. Man kommt aus dem Mangel in die Fülle, aus der Unterbelichtung in das volle Bild. Man erfährt ja niemals mehr von einem Menschen, als wenn dieser für etwas in den Konflikt einsteigt. Umgekehrt auch: Wer nicht streitet, lernt sich selbst nicht kennen. Für Führungskräfte kommt hinzu, dass der Konflikt ihre Existenz legitimiert. Ohne Ziel- und Wertkonflikte braucht es keine Führung. So besehen sind Führungskräfte Konfliktparasiten.

ZOE: Welches sind Ihrer Erfahrung nach die größten Konfliktsünden, die Manager*innen immer wieder begehen?

Sprenger: Konfliktscheu. Sie wollen nicht verletzen und wollen nicht verletzt werden. Und aus der Furcht, zu weit zu gehen, gehen sie oft nicht weit genug. Wer aber Streit vermeidet, erntet noch lange nicht Frieden. Und es entsteht ein Pastellgemälde der Realität. Das genau ist die Idealvorstellung jener Menschen, die von einer multikulturellen, konflikt- und abwertungsfreien «one world» träumen. Wer so auf Konflikte schaut, dem fehlt es folgerichtig an Übung im vernünftigen Umgang. Eine verbreitete Konfliktsünde ist auch die Schweigespirale. Das ist die Tendenz, sich mit allgemeiner Gestimmtheit zu harmonisieren, obwohl man die Dinge vielleicht völlig anders sieht. Heute hat der Begriff der politischen Korrektheit Teile dieses Phänomens übernommen.

 

Zum gesamten Artikel…

Weiterlesen?

Für alle, die das Morgen schon heute denken.

* Testen Sie uns jetzt 4 Wochen kostenlos und unverbindlich –
mit Zugriff auf diesen und viele weitere Artikel und Ausgaben.


Sie sind Abonnent, aber haben noch keinen kein Login? Hier registrieren mit Ihrem Abocode und vollen Zugriff auf diesen und viele weitere Artikel erhalten.


Aus Ausgabe Nr. 2/21: Dissens Designen – Streit als Motor des Wandels

Streiten hat keinen guten Ruf. Den meisten von uns ist auch bei der Arbeit Einigkeit lieber als ein Konflikt. Dabei bietet produktives Streiten eine großartige Möglichkeit, zu lernen – gerade im organisationalen Kontext und beim Management von Veränderungen.

Im Schwerpunkt dieser Ausgabe geht es daher um die Frage: Wie können wir richtig streiten?  Die Kompetenz zum produktiven Dissens vermitteln wir durch Beiträge von Koryphäen, Methodeberichte und Kurzimpulse. Freuen Sie sich auf eine kontroverse Lektüre!

 

Jetzt zum Newsletter anmelden!

  • Tipps & Trends
  • Jeden Freitag
  • Insights & Impulse
Jetzt anmelden!