«Wahrheit beginnt zu zweit»

Bernhard Pörksen und Friedemann Schulz von Thun im Gespräch

Was vergiftet die Debatte? Und wie gelingt der Dialog? Ist die Polarisierung der Kommunikation prinzipiell schlecht? Ein Gespräch zwischen dem Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen und dem Kommunikationspsychologen Friedemann Schulz von Thun über die Kunst des Miteinander-Redens in Zeiten der großen Gereiztheit.

«Nach meiner heutigen Einschätzung kann die Aussprache darüber, wie wir miteinander umgehen, chancenreicher dann stattfinden, wenn man ein wenig Abstand gewonnen hat vom «Eifer des Gefechtes » und sich wieder zu fassen hat.»

 

Primat der Stimmigkeit
Pörksen: Das momentane Debattenklima ist giftig, boshaft, aggressiv. Hass und Hetze, Gerüchte und Falschmeldungen explodieren in den sozialen Netzwerken. Online und offline werden Politiker und Politikerinnen sowie Journalisten und Journalistinnen, Frauen und Flüchtlinge, aber auch Mitarbeitende in Behörden und Ämtern, Rettungskräfte und Polizei-Angehörige in bislang unbekannter Schärfe attackiert, angepöbelt, diffamiert. Sie selbst haben ein Leben lang über das Miteinander-Reden nachgedacht, die gelingende Verständigung. Deshalb zu Beginn ein paar ganz einfach klingende Fragen: Kann man mit allen reden? Soll man das überhaupt? Und wann muss der Dialog enden?

Schulz von Thun: Die Schwierigkeit, diese Fragen zu beantworten, liegt in dem Wörtchen man und dem Abstraktionsgrad des Dialogbegriffs. Kann ich mit allen reden, können Sie es? Und wenn dem so ist: in welcher Situation, in welcher Rolle und mit wem? Sprechen Sie als ein Medienwissenschaftler, greifen Sie in einem Disput vor der Kamera in eine Debatte ein? Bemühen Sie sich um ein klärendes Gespräch, weil ein guter Freund beim gemeinsamen Bier plötzlich ultrarechte Ansichten äußert und Sie sich wundern: «Mit wem sitze ich da eigentlich am Tisch?» Oder handelt es sich um einen ehelichen Streit, geht es um eine
Team-Konferenz, eine Podiumsdiskussion? Das sind so verschiedene Situationen und Gesprächsgelegenheiten, dass sie sich kaum alle unter dem großen Dachbegriff «Dialog» vereinen lassen.

 

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Aus Ausgabe Nr. 1/24: Wagnis Dialog – Wo Veränderung entsteht

Der Zugang zur menschlichen Kreativität und Leistungsfähigkeit für Organisationen steht im Mittelpunkt dieser Ausgabe der ZOE und in langer Tradition der Organisationsentwicklung. Ein früher Hoffnungsträger war dabei der Dialog als Instrument, um Potenziale, Ideen und Beobachtungen des ganzen Menschen auf Augenhöhe in einem ergebnisoffenen Gespräch zu erschließen. Das Fazit aus den seit über drei Jahrzehnten laufenden – teils naiven – Bemühungen ist allerdings ernüchternd. Wie sind diese Scheiterns-Erfahrungen zu interpretieren? Und: Was sind Perspektiven, um mit einem organisationsangemessenen Dialogverständnis vielleicht doch die menschlichen Potenziale für Organisationen zu erschließen?

 

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