Sisyphos im Krankenhaus

Management am Rande des Möglichen

Das Management von Krankenhäusern befindet sich in einem Dilemma. Auf der einen Seite steht der Druck, effizient zu wirtschaften und knappe Ressourcen sinnvoll einzusetzen. Auf der anderen Seite erwartet die Gesellschaft mit ihren immer älter werdenden Patient*innen eine umfassende und qualitativ hochwertige Versorgung. Krankenhäuser gelten daher als «permanently failing organizations», da jedes gelöste Problem nur neue Herausforderungen nach sich zieht. Nicht zuletzt das Fallpauschalensystem (DRGs) zwingt die Krankenhäuser in ein ökonomisches Hamsterrad, das bei knapper werdendem Personal und Ressourcen immer mehr Bürokratie und Reformdruck erzeugt. Das Management muss die Balance zwischen wirtschaftlichem Erfolg, gesetzlichen Vorgaben und menschlicher Zuwendung halten, ohne Aussicht auf nachhaltige Lösungen. Der Beitrag empfiehlt, das Unvermeidliche zu akzeptieren und innezuhalten, um das System nicht durch hilflose Interventionen weiter zu destabilisieren.

«Wenn Krankenhäuser «permanently failing organizations» sind, dann gleichen die Führungskräfte in gewisser Weise Sisyphos, der seinen Felsbrocken immer wieder den Berg hinauf schleppt, nur um ihn wieder hinunter rollen zu sehen.»

Werner Vogd

 

Das Krankenhaus erscheint bei Rohde (1974, S. 181ff.) als zweckgebundene Institution der Diagnostik, Therapie, Pflege und Isolierung. Es ist der Ort, der in der Regel aufgesucht wird, wenn das Leben oder die Gesundheit eines Menschen existentiell bedroht ist und daher die dort vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen in besonderem Maße gefordert sind. Bereits Luhmann (1983) hat in einem wenig beachteten Beitrag mit dem Titel «Anspruchsinflation im Krankheitssystem» darauf hingewiesen, dass die Eigenlogik des Medizinsystems auf unbegrenztes Wachstum ausgerichtet ist. Es gibt keinen inneren Grund, nicht noch mehr Krankheiten zu heilen, noch präziser zu diagnostizieren und noch aufwändiger zu behandeln. Grenzen werden nur von außen gesetzt – durch begrenzte Ressourcen, z. B. technischer, finanzieller und personeller Art – und dadurch, dass diese Ressourcen dann anderen gesellschaftlichen Bereichen nicht mehr zur Verfügung stehen.


Weiterlesen…

 

_______

Abonnent? Lesen Sie den kompletten Einzelartikel im Archiv hier weiter.
(Sie haben noch keinen Login? Dann registrieren Sie sich bitte hier in unserem Archiv und erhalten Sie als Abonnent vollen Zugriff auf diesen und viele weitere Artikel).

Kein Abonnement? Dann testen Sie uns jetzt kostenfrei und unverbindlich für vier Wochen und erhalten Sie Zugriff auf diesen sowie viele weitere Artikel und Ausgaben. Jetzt direkt testen.


Deckblatt OrganisationsEntwicklung
Aus Ausgabe Nr. 2/25: Kranke Häuser – Gesundheit besser organisieren

Der Umgang mit widersprüchlichen Anforderungen wie zwischen medizinischer Qualität und Wirtschaftlichkeit macht Krankenhäuser zu «permanently failing organizations», denen zukünftig massiv Fachkräfte fehlen werden, die aktuell immer wieder Missstände kompensieren. Allerdings gibt es zwischen diesen Expertenorganisationen deutliche Unterschiede in der Leistungsfähigkeit, was auf ein häufig vernachlässigtes Feld in diesem Kontext hindeutet – nämlich Organisation und Führung.

Die Beiträge in dieser Ausgabe der OrganisationsEntwicklung nehmen die schwierigen Rahmenbedingungen der Arbeit in Krankenhäusern zum Ausgangspunkt, um anhand konkreter Fälle zu skizzieren, wie an der Zukunft von Organisationen des Gesundheitswesens gearbeitet wird. Hierbei fällt auf: Vielfach ist nicht das Problem das Problem, sondern die Art und Weise wie die Organisationen damit umgehen.